Kalenderblatt September 2021

September 2021

Streifzug durch die Waberner Ebene — Beobachtungen und Eindrücke (Teil 2)

Fragt man nach einem besonders passenden Zeitpunkt für einen Spaziergang oder eine Fahrradtour durch die Waberner Ebene, so ist die Antwort eigentlich schnell gegeben. Jede Jahreszeit entfaltet ihre besonderen Reize: Im Frühjahr sind es die blühenden Rapsfelder, das frische Grün der austreibenden Pflanzen, die zurückkehrenden Zugvögel wie z.B. die Feldlerche, Bach- und auch Schafstelze, die eifrig dabei sind, ihre Reviere zu beziehen und gegen Konkurrenten abzugrenzen. Es sind die blühenden Obstbäume entlang der Feldwege und Gräben, der Weißdorn in den vielen Hecken. Im Sommer sind es die reifen Getreidefelder und ihre Ernte. Im Herbst die voll mechanisierte Zuckerrübenernte und das sich verfärbende Laub der Bäume und die frisch bestellten Äcker. Dazwischen arbeiten Bauern mit modernster Technik etwa bei der Ernte und der Vorbereitung der Felder für die nächste Saison, immer wieder begleitet vom in der Ebene heimisch gewordenen Weißstorch, der ohne Scheu vor Mensch und Maschine hinter dem Pflug die Felder abschreitet und auf reiche Nahrung hofft.

Alljährlich im Frühjahr und Herbst lohnt ein Blick in den Himmel auf ein immer wiederkehrendes Schauspiel. Es ist der Zug der Kraniche. Schon von weitem ertönt das Trompeten ähnliche Rufen der majestätischen Vögel, ehe man die als lange, in Keilform fliegenden Ketten direkt über sich erspäht. Ihre bevorzugte Flugroute in die Winter bzw. Sommerquartiere führt sie alljährlich über unseren Heimatraum hinweg, denn jedes Jahr kann man das gleiche Schauspiel am Himmel beobachten. Die Kraniche kommen, wie man festgestellt hat, von ihren Rastplätzen im Bereich der Müritz und suchen ihr Winterquartier in Nordfrankreich auf. Es ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass entweder der Winter naht oder der Frühling vor der Tür steht. Interessant ist ein immer wieder beobachtbares Phänomen über der Ebene, indem die Vögel offenbar zeitweise ihre übliche Formation, die Keiloder V-form, verlieren, ungeordnet und durcheinander einige Runden drehen, ehe sie sich wieder in ihre besondere Flugform einordnen und ihren Weg nach Süden bzw. Norden fortsetzen. Scherzhaft könnte man annehmen, dass der an der Spitze fliegende Vogel müde ist und abgelöst werden möchte und keiner diese Aufgabe übernehmen will bis sich dann ein Freiwilliger findet. Aber Spaß beiseite. In Wirklichkeit drängen Vögel aus dem „zweiten Glied“ an die Spitze, möchten die Führung übernehmen und die Kette anführen; es sind gewissermaßen Konkurrenzkämpfe, die da am Himmel ausgetragen werden bis die neue Hierarchie hergestellt worden ist und die Reise unter neuer Führung fortgesetzt wird.

Was die Tierwelt angeht, so fühlen sich offenbar Feldhase und Rehe in der Ebene sehr wohl. Immer wieder läuft Meister Lampe einem über den Weg und Rehe, teils Rudel von 8 bis 9 Tieren beäugen neugierig aus sicherer Entfernung die Szenerie. Sie haben die z.T. dichten Hecken als Schutz- und Rückzugsort - auch dorfnah - gewählt oder halten sich sogar im Buschwerk längs der BAB auf. Zum Leidwesen der Landwirte bevölkern inzwischen auch Wildschweinrotten die Tiefebene. Sie finden in den Raps- und Maisfeldern einen sicheren Schutz.

In diesem Jahr haben die Rebhuhnbestände offenbar wieder zugenommen. Hennen mit z.T. 10 und mehr Küken kreuzen immer wieder den Weg und suchen Deckung in Rüben- und Maisfeldern. Es ist ein interessantes Phänomen, zu beobachten, wie Elterntiere „verletzt spielen“, um eine mögliche Gefahr abzulenken, bis auch das letzte Küken einen sicheren Unterschlupf gefunden hat.

Neuerdings kann man zunehmend Silberreiher beobachten, die Wiesen und Äcker nach Nahrung absuchen. Während vor einigen Jahren im „Avifaunistischen Sammelbericht“ (Vogelzählung) nur wenige Exemplare hier genannt wurden, kann man in diesem Herbst gelegentlich mehr als zehn Tiere beisammen beobachten. Ob die eleganten Vögel hier nur eine Zwischenrast einlegen oder die Ebene als Standort ausgewählt haben, dies können sicherlich die Ornithologen beantworten.

Legen wir an dieser Stelle eine Pause ein. Die Waberner Ebene ist wahrlich kein monotoner Kulturraum, er bietet viel Abwechslung und zwar für alle Sinne. Die dieses Jahr gut tragenden Apfel- und Birnbäume am Wegesrand längs der Feldwege helfen mit, die Rast auch kulinarisch zu genießen. (G. Bauer)

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