Kalenderblatt Januar 2021

Januar 2021

Der Siebenjährige Krieg (1756—1763) - Das Grenadier-Bataillon von Schlotheim in der Waberner Tiefebene

Auch Hessen war Schauplatz der kriegerischen Auseinandersetzungen im Siebenjährigen Krieg. Das Kurfürstentum Hessen-Kassel stand in einer Allianz mit Preußen, England und zahlreichen Grafschaften und Kurfürstentümern. Ziel war es, dem König von Preußen (Friedrich Il. - Friedrich der Große), der in Schlesien, Sachsen und Böhmen gegen die Franzosen und die Österreicher kämpfte, den Rücken freizuhalten. Die Operationslinie des westlichen Kriegsschauplatzes lag zwischen Main und Weser. Hier bewegten sich die feindlichen Armeen hin und her. So stand im Jahre 1762 das „Grenadier-Bataillon von Schlotheim“ in der Waberner Tiefebene.

So ist in den Erinnerungen „Das kurhessische Leibgarde-Regiment“ von Max. Freiherr von Ditfurth ein Ereignis der besonderen Art nachzulesen. Ditfurth schrieb:

„Während der Herzog von Braunschweig im März 1762 auf seinem Rückzug aus der Wetterau, in der Absicht, der ihm über Ziegenhain nachdrängenden französischen Armee unter dem Herzog von Broglie aufs Neue die Spitze zu bieten, hinter der Edder, zwischen Fritzlar und Möllerich Stellung genommen hatte, war das Grenadier-Bataillon von Schlotheim auf dem Dosenberg bei Uttershausen zurückgeblieben, um zu erspähen, auf welchen Wegen der Hauptteil des feindlichen Heeres im Anzuge begriffen sein möchte. Da er sich jedoch hierbei hinreißen ließ, eine über Uttershausen vordringende feindliche Abteilung zu lebhaft anzugreifen, so fand er sich genötigt, im Lauf des sich entspinnenden lebhaften Gefechtes, einem übermächtigen gegen ihn gerichteten Stoße auszuweichen, sich seitwärts über Udenborn, nach der Kalbsburg hin zurückzuziehen, um solchergestalt die Straße nach Fritzlar zu gewinnen. Kaum hatte er unterhalb der Kalbsburg die Ebene erreicht, so sah er sich von 30 Schwadronen französischer Reiterei, welche inzwischen bei Gombeth über die Schwalm gesetzt waren, schon fast ereilt.

Oberst Schlotheim forderte seine Soldaten auf, zu bedenken, wer sie wären, und forderte sie auf innerliche Ruhe und Kaltschnäuzigkeit zu bewahren und sich noch lange nicht verloren zu geben. Sein Ziel war es, mit dem im Karree gescharten Bataillon am Fuße der Kalbsburg, längst der Fritzlarer Straße, die damals weit ausgedehnte Hutewaldung (Zennersche Wäldchen) zu erreichen. Aber noch ehe ihm dies gelungen ist, braust schon eine Abteilung feindlicher Reiterei zum Angriffe heran. Das Bataillon macht Halt und empfängt die Anstürmenden mit angeschlagenem Gewehr. Schon sind diese auf Schußweite heran, aber noch immer erfolgt weder das Kommando „Feuer“ noch fällt ein Schuß, denn Oberst Schlotheim hat jedem augenblicklichen Tod verheißen, der es sich beigehen lassen würde, ohne Kommando Feuer zu geben.

Jeden Augenblick einer ihnen entgegenkrachenden Salve entgegensehend, ziehen die feindlichen Reiter unwillkürlich die Zügel immer straffer an und parieren endlich, als sie bis auf wenige Schritte an das Bataillon hergekommen sind, wie auf Commando ihre Rosse von selber. Es ist eine entsetzliche, eine Grauen erregend Stille. Die feindlichen Reiter werden darob von jähem Schrecken erfaßt, machen kehrt und stieben nach allen Seiten auseinander. Doch auch jetzt fällt kein Schuß, sondern ruhig, wie auf dem Exerzierplatze nimmt die Mannschaft auf Commando, das Gewehr aus dem Anschlage, schultert und setzt ihren Marsch nach der Hutewaldung hin fort.

Da brausen neue Schaaren feindlicher Reiter heran, doch ist es zwischen dem Bataillon gelungen, jene Waldung zu erreichen. Mit alten Eichen und Hainbuchen bestanden, hindern deren ausgedehnte und zum Teil tief herabhängende Äste die Reiterei, im geschlossenen Schwadronen heran zu kömmen, während das Fußvolk frei unter ihnen weg zu schreiten vermag. So gewinnt dieses allmählich immer mehr Vorsprung, während der Feind zaudert, das in musterhafter Ruhe und Ordnung dahinziehende Bataillon an solcher Stelle anzugreifen, indem er darauf rechnet, dieses später mit mehr Glück tun zu können, da es, um an einen der Edderübergänge zu gelangen, ja doch endlich wieder aus dem Walde heraus kommen müsse.

Mittlerweile aber war dem französischen Herzog Broglie der Vorfall gemeldet worden. Er eilte selbst herbei, um sich durch Augenschein von der ihm als beispiellos geschilderten Haltung des Bataillons zu überzeugen. Und da er es fand, wie ihm gesagt worden, ward er so von Bewunderung hingerissen, daß er nicht nur voll Hochherzigkeit den Befehl erteilte, das Bataillon ruhig seinen Weg ziehen zu lassen, indem er zu seinem Gefolge gewendet die Worte sprach: „Ehren und schonen wir diese Braven“, sondern auch noch, voll ritterlichen Sinnes einen Trompeter an den Herzog von Braunschweig absandte, demselben seinen Glückwunsch abzustatten, daß er so brave Truppen unter seinem Commando habe“. (MU)

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