Streifzug durch die Waberner Ebene (Teil 2)
Die heute als Naturschutzgebiet ausgewiesene Fläche, mit Bäumen und Buschwerk bewachsen, ist Heimat vieler Vögel und zu einem Rückzugsgebiet für heimische Wildtiere wie Hase, Reh und gelegentlich auch Wildschweine geworden. Selbst Meister Reinecke wird hier bisweilen gesichtet. Flussabwärts wurden und werden ehemalige Absetzteiche zurückgebaut und für die Ansiedlung von Bodenbrütern vorbereitet. Erfolgreich ist dies mit der Ansiedlung von Kiebitzen bereits gelungen.
Mit der Flora und insbesondere der Fauna ist ein Thema angeschnitten, das für die Ederau große Bedeutung hat. Der Fluss wird beiderseits gesäumt von einer dichten Ufervegetation, über weite Strecken fast undurchdringlich. Weiden, Pappeln, Erlen, die Schwarzerle als besondere Rarität in der nördlichen Uferzone, aber auch Brombeerhecken bilden einen grünen Gürtel, wozu noch eine Reihe von Blühpflanzen wie etwa das Springkraut als Farbtupfer in dem unterschiedlichen Grün kommen.
Natürlich ist diese Landschaft ein Eldorado für eine reiche Vogelwelt, die hier einen adäquaten Lebensraum findet. Und spätestens hier beantwortet sich die eingangs gestellte Frage nach der besten Jahreszeit für unseren Streifzug. Ganz klar, es ist das Frühjahr, besonders der Mai, wenn alles Leben hier erwacht. Das unterschiedliche Grün der frisch austreibenden Pflanzen und der Gesang der zurückkehrenden Vogelwelt sind ein Erlebnis besonderer Art. Wer den „Wettstreit“ der gefiederten Sänger um die besten Reviere und den passenden Partner einmal hautnah erlebt hat, der kann verstehen, warum die Vogelfreunde aus nah und fern schon ganz früh hier unterwegs sind, um etwa die Nachtigall, die Singdrossel, Finken, Grasmücken, sogar den scheuen Pirol in seinem leuchtenden Gelb, um nur einige zu nennen, zu entdecken und in dem vielstimmigen Konzert zu identifizieren. Selbst der prächtig bunte Eisvogel wurde hier schon gesichtet. Natürlich darf der Kuckuck nicht fehlen. Lautstark kündigt er an, auf der Suche nach einem geeigneten (natürlich fremden) Nest zu sein, in das er sein Ei ablegen will oder bereits abgelegt hat, damit dessen Besitzer seinen Nachwuchs ausbrüten und aufziehen. Aber in seinem Tun ist er kaum zu entdecken.
Spechte finden in abgestorbenen Bäumen reiche Nahrung, und der „Zimmermann des Waldes“ kündigt schon von weitem hörbar an, dass er hier bei der Arbeit ist. Mit etwas Geduld und Glück lassen sich etwa der Grünspecht mit seiner roten Kopfhaube und seine Artgenossen, die verschiedenen Buntspechte, entdecken und beobachten, wie sie mit ihrem kräftigen Schnabel auf der Suche nach Nahrung die Borke bearbeiten, so dass die Späne nur so fliegen.
Ein Publikumsmagnet der besonderen Art war vor einigen Jahren der Weißstorch, der auf einem hoch angelegten Nest landete, laut und erfolgreich nach einer Partnerin klapperte und beide schon bald Jungstörche aufzuziehen begannen. Heute zählen die Weißstörche zum gewohnten und vertrauten Bild in der gesamten Ebene. Es ist schon eine interessante Beobachtung, wie Freund Adebar ganz ohne Scheu den Bauern beim Pflügen folgt und in den Furchen nach Nahrung sucht. Erstaunlich, dass einige der majestätischen Vögel selbst im Winter hier bleiben. Engagierte Vogelfreunde kümmern sich liebevoll und verantwortungsbewusst um die Störche und helfen mit Rat und Tat bei ihrer Betreuung. So etwa, als vor einiger Zeit ein Storch in einen hohen Schornstein rutschte und mit einigem Aufwand aus seiner misslichen Lage befreit werden konnte.
Auf den Teichen sind die Enten und Blesshühner geschäftig auf der Nahrungssuche unterwegs, Frösche, eben noch laut quakend, verschwinden beim Näherkommen schnell im dichten Schilf oder der schützenden Tiefe der Teiche. Schwäne ziehen stolz ihre Bahn und an seichten Uferzonen stehen fast regungslos, gut getarnt und durch herabhängende Weiden den Blicken entzogen, Graureiher und hoffen auf ihr „Morgenfrühstück“, Mittlerweile gehören diese eleganten Flieger ebenso wie der seltenere Silberreiher zum vertrauten Bild in der Ebene, nachdem sie früher bejagt wurden, lange Zeit in und um Wabern völlig verschwunden und nur auf Abbildungen und in Flurbezeichnungen im Gedächtnis der hier lebenden Menschen vorhanden waren.
Auf ein Relikt aus früheren Jahrhunderten wäre noch kurz hinzuweisen: Im Volksmund das sog. Kurfürstenbad, dessen Herkunft, Bauzeit, Funktion und Bedeutung noch ungeklärt sind. Bei einer Übung der Feuerwehr Anfang der 60er Jahre wurden in einer Ausbuchtung des Flusses Steinplatten (Marmorplatten) frei gespült. War es tatsächlich eine Badestelle für die Schlossbewohner? War es eine Stelle für das Waschen der landgräflichen oder kurfürstlichen Wäsche? Fragen über Fragen, für die es bisher keinerlei Quellen oder andere schriftliche Aufzeichnungen gibt. Sicherlich eine lohnende Aufgabe für Archäologen und Historiker, hier Klarheit zu schaffen.