Karl Emden (2)
Um die Not etwas zu lindern, baute Vater Karl dann einen kleinen Mineralwasserhandel auf. Das Wasser kam aus Bad Vilbel. Dort betrieb der Schwager und die Schwester von Karls Mutter den Mineralwasserbrunnen „Hessenquelle“. Das Transportmittel war ein Pferd mit einem Pritschenwagen. Hiermit wurden Kunden in Wabern und den umliegenden Orten angefahren.
Der Gerichtsvollzieher war ständiger Gast auf der Tannenhöhe. Für den jungen Karl ein deprimierendes Gefühl, zumal die Leute im Dorf, so seine Erinnerungen, es ihn spüren ließen. Im Frühjahr 1929 beendete Karl Emden seine Schulzeit in Bad Wildungen mit der sogenannten Obersekundareife. Der Besuch einer weiterführenden Schule in Kassel war nicht möglich. Dafür konnten die Eltern das Fahrund Schulgeld nicht aufbringen.
Die auf den Schwarzen Freitag (25.10.1929) folgende Rezession machte die Suche nach einem Ausbildungsplatz aussichtslos. Auch die Not in der Familie bestand weiter. Zur Verbesserung der Lage wurde Karl Anfang 1930 zum Großvater nach Helmighausen geschickt. Hier musste der 17jährige alle landwirtschaftlichen Arbeiten verrichten. Hier lernte er auch seine spätere Ehefrau Luise kennen, mit der er bis zum Januar 1934 nur im brieflichen Kontakt stand.
Der Aufenthalt in Helmighausen entlastete seine Eltern, für die Großeltern war er jedoch eine wertvolle und billige Arbeitskraft. Hiervon hatten wohl auch Tante Emma und Onkel Hess aus Vilbel gehört. Die Eltern von Karl hatten das aus Bad Vilbel bezogene Mineralwasser nicht immer voll bezahlt. So war man übereingekommen, dass Karl nach Bad Vilbel kommen sollte, um bei der „Hessenquelle“ die Schulden abzuarbeiten. Mit dem Fahrer eines Dreiachsers lieferte Karl dann bis zum Frühjahr 1932 im gesamten Frankfurter Raum Flaschen mit dem bekannten Mineralwasser aus.
Seit seiner Schulentlassung hatte Karl viele Bewerbungen für einen Ausbildungsberuf geschrieben. So auch bei der Preußischen Schutzpolizei, Polizeischule Hann. Münden, an der er im Frühjahr 1933 seine Ausbildung begann und zu Weihnachten 1933 bereits abschloss. Mit Beendigung des Lehrgangs wurden alle Anwärter auf verschiedene Standorte, nicht nur in Hessen-Nassavu, verteilt. Da Karl seiner langjährigen Brieffreundin Luise näher sein wollte, wählte er den Standort Oberhausen. Das Präsidium in Oberhausen schickte den angehenden Polizisten zur kasernierten Landespolizeiabteilung nach Mühlheim a.d. Ruhr. Die dort fortgesetzte Ausbildung war militärisch ausgerichtet. Nachdem die Wehrmacht am 7. März 1936 das besetzte Ruhrgebiet und das Rheinland besetzt hatten, wurde die Landespolizeiabteilung in eine Militäreinheit umgewandelt. Seit seinem Aufenthalt in Mühlheim fuhr Karl regelmäßig zu seiner Brieffreundin Luise nach Hagen.
Weihnachten 1935 verlobten sie sich, nachdem sie beschlossen hatten, ihren Lebensweg gemeinsam zu gehen. Die standesamtliche und kirchliche Trauung folgte am 14. April 1938. Nach der Heirat wurde die Einheit von Karl Emden von November 1938 bis August 1939 mit mehreren Unterbrechungen an den Westwall verlegt. Im November 1939 wurde seine Einheit in polnisches Gebiet verschoben. Dort übernahm Emden einen Pionierzug. Im August 1940 wurde die Division umquartiert. Der Stab kam nach Düsseldorf, der Pionierzug in Mühlheim a.d. Ruhr. Im Frühjahr 1941 endete die Zeit in Mühlheim und somit auch die Nähe zu Frau und Kind. Der Pionierzug hatte nunmehr seinen Standort in Westhofen bei Köln. Am 30. Mai 1942 erfolgte der erste 1000-Bomber-Angriff auf Köln, bei dem die Innenstadt weitgehend zerstört wurde. Die Kompanie von Karl Emden wurde in den nächsten Wochen fast nur zur Bergung von Verschütteten und Toten sowie zur Sprengung von Ruinen eingesetzt. Im November 1942 stellte die Pioniereinheit den Unteroffiziers- und Mannschaftsersatz für einen Pionierzug der 46. Gren-Division, die zur Auffrischung von der Ostfront auf einem Truppenübungsplatz in der Nähe von Esbjerg in Dänemark verlegt worden war. Die Führung dieses Zuges sollte Karl Emden übernehmen. Der Marschbefehlt kam aber erst im Januar 1943. Auf dem Truppenübungsplatz angekommen, stellte der Zugführer fest, dass die ihm zugewiesene Einheit bereits unter anderer Führung den Marsch nach Osten angetreten hatte. Diese glückliche Fügung ermöglichte dem überzähligen Zugführer nach Mühlheim zurückkehren zu können. Im März 1943 kamen Emden und eine große Anzahl von weiteren Soldaten als Ersatz zur 305. Inf.-Division, deren Reste nach ihrem Einsatz in Stalingrad auf dem Truppenübungsplatz Wahn (bei Köln) wieder aufgefüllt wurden. Am 2. April ging es ab in Richtung Westen. Der Einsatzraum war Nordfrankreich. Am 27. Juli wurde die Einheit nach Cannes verlegt. Dort war die Aufgabe der Küstenschutz. Die Landung alliierter Truppen sollte verhindert werden. Der Einsatz endete am 21. August 1943. Die Lage in Italien wurde durch den Vormarsch der Alliierten von Sizilien her immer bedrohlicher. Hinzu kam, dass am 3. September 1943 die italienische Generalität einen geheimen Waffenstillstandsvertrag mit den Alliierten abgeschlossen hatte. Die Einheit von Karl Emden wurde nach Fondi (südlich von Rom) verlegt und war von da an in die Kampfhandlungen mit den alliierten Truppen verwickelt.
Kleines Bild: Karl Emden als Soldat