Vier Preußische Hofgärtner aus Wabern
Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts werden in Wabern die Brüderpaare Johannes und Johann Georg Steinert sowie Johann Georg und Johannes Morsch geboren, die später in Preußen Karriere als Hofgärtner machen. Der Beruf des Hofgärtners ist eng an die Herrscherhäuser von Teilen des siebzehnten bis zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts geknüpft. Obwohl Hofgärtner fast ausnahmslos eine Lehre als Gärtner vorweisen konnten, bestand ihre Beschäftigung nicht in der praktischen Umsetzung von gärtnerischen Tätigkeiten. Vielmehr sind sie mit ihren Aufgaben als eine Art mittlerer Beamter zwischen modernen Gartenplanern und Architekten anzusiedeln. Neben der Überwachung der Gärtnergesellen in den herrschaftlichen Gärten gehörte die Planung der Gärten und die verantwortliche finanzielle Steuerung der Gartenarbeiten zu ihrer Tätigkeit.
Der Posten eines Hofgärtners war sehr begehrt, aber Hofgärtnerstellen waren dünn gesät. Umso erstaunlicher ist die Häufung von vier Wabernern als Hofgärtner in den Gärten von Sanssouci bei Potsdam und Rheinsberg in der Mark Brandenburg, die nicht mehr mit einer normalen statistischen Verteilung erklärt werden kann. In dieser Zeit war es in Preußen durchaus üblich, das die begabtesten Gärtner an den Preußischen Hof geholt wurden. Erbprinz Friedrich von Hessen-Kassel (1720-1785), der spätere Landgraf Friedrich II., diente in der Preußischen Armee als Generalleutnant im siebenjährigen Krieg und war in zweiter Ehe mit der Prinzessin Philippine von Preußen aus der Nebenlinie Brandenburg-Schwedt verheiratet. Es ist anzunehmen, das die bestehenden engen Beziehungen zwischen den beiden Herrscherhäusern Preußen und Hessen-Kassel die Abwanderung der Steinerts und Morschs nach Preußen begünstigten.
Den Anfang in Preußen machte Johann George Steinert, der ab 1761 der Leiter der Pisangtreiberei (Bananenzucht) im Schlossgarten Sanssouci in Potsdam war. Nachdem er sich etabliert hatte, ermöglichte er vermutlich seinem Bruder Johannes ab 1763 in den Gärten von Schloss Rheinsberg in der Mark Brandenburg den Einstieg in den preußischen Dienst. Johann Georg und Johannes Morsch könnten dann 1773 auf Vermittlung der Steinerts nach Preußen gelangt sein.
Johannes Steinert (*26.11.1736, Wabern, +1807, Sandhorst bei Königshorst)
Johannes war das zweite Kind von Johann Henrich Steinert (1701 - 1787) und dessen Ehefrau Catharina Elisabetha geb. Otto (1707 - 1766). Johann Henrich Steinert stammte gebürtig nicht aus Wabern. Es ist denkbar, das er in einer Beziehung als Bediensteter, vielleicht sogar als Gärtnergeselle, zum Schloss Karlshof in Wabern stand und so seine Söhne Johannes und Johann Georg zum Beruf des Gärtners brachte.
Johannes absolvierte 1754 bis 1756 seine Gärtnerlehre im Schlossgarten von Bergheim beim Hofgärtner Jacob Strippel. Obwohl der Name Strippel auch auf die Herkunft Wabern schließen lässt, stammte Jacob Strippel nicht von dort. Möglicherweise handelt es sich aber um den gleichen Jacob, der am 16.08.1737 Johann Jacob Strippel in Wabern zur Taufe hielt. Johannes ist etwa ab 1763 als Hofgärtner in Rheinsberg beschäftigt, 1779 wird er Planteur (Hofgärtner mit Schwerpunkt Baumzucht und -pflanzung) des Havelländischen und Nauenschen Luchs (Luch: feuchte, vermoorte Niederungen). 1780 wurde er Gutsbesitzer in Sandhorst. Seit 1766 war er mit Luise Johanna Müller, einer Tochter des Hofgärtners Johann H. Müller verheiratet, mit der zwei Söhne hatte: Johann Georg Wilhelm, prinzlicher Hofbaurat in Rheinsberg, und Johann Friedrich Heinrich, Theaterdekorateur und zeitweise Planteur in Sandhorst.
Johann Georg Steinert (*09.02.1740, Wabern, +24.12.1807, Potsdam)
Johann Georg Steinert absolvierte seine Lehre 1755 bis 1758 beim Hofgärtner Johann Christoph Aumann in den Gärten des Maximillianschlösschen in Jesberg. Von 1761 bis etwa 1763 ist er Gehilfe in der Melonerie und Pisangtreiberei in Sanssouci, deren Leitung er 1769 als Hofgärtner übernimmt. König Friedrich II. betrachtete Bananensaft als wirksames Mittel gegen seine Gicht. Als er 1786 starb, verlor die Bananenzucht unter seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm II. an Bedeutung und wurde abgeschafft. Johann George Steinert wurde daraufhin in den Ruhestand versetzt. 1794 erfolgte seine erneute Berufung, diesmal als Nachfolger des erkrankten Hofgärtners Heydert im Potsdamer Lustgarten. Diesen Posten hatte er bis zu seinem Tod inne.
Johann Georg Steinert war mit Maria Puhlmann, genannt Mieke, einer Tochter des Potsdamer Gastwirtes George Puhlmann verheiratet. Maria Puhlmann war die Mutter eines unehelichen Kindes des späteren König Friedrich Wilhelm II. Friedrich Wilhelm II. veranlasste die Eheschließung und Johann Georg adoptierte den Sohn Georg. Georg Steiner, der die Schreibweise des Familiennamens von Steinert zu Steiner änderte, folgte der Laufbahn seines Stiefvaters. Er erlernte zwischen 1791 und 1794 den Beruf des Gärtners und wurde ebenfalls preußischer Hofgärtner.
Johann Georg Morsch (*12.07.1750, Wabern, +22.06.1804, Potsdam)
Johann Georg war das fünfte Kind des Waberner Einwohners Johann Georg Morsch (1708 - 1784) und seiner Ehefrau Anna Elisabetha geb. Berles (1721 - 1772). Über seine Ausbildung ist nichts bekannt. Er wird 1773 Gehilfe im Terrassenrevier von Sanssouci, 1774 Gehilfe im Lustgarten Potsdam und von 1775 bis 1784 Gehilfe in der Pisangtreiberei unter Johann George Steinert. Etwa ab 1786 ist er Hofgärtner, sein Revier ist bis zu seinem Tod der Neue Garten im Norden Potsdams, der unter ihm angelegt wird.
Johannes (Friedrich) Morsch (*21.07.1765, Wabern, +10.12.1834, Potsdam)
Johannes war der jüngste Bruder des Hofgärtners Johann Georg Morsch. Über seine Ausbildung zum Gärtner ist ebenfalls nichts bekannt. Erstaunlicherweise tritt er in Preußen unter dem Vornamen Friedrich in Erscheinung, so wird er beispielsweise auch im Adress-Kalender von Berlin und Potsdam der Jahre nach 1800 Friedrich Morsch oder auch nur Morsch jun. genannt. 1794 wird er mit der Anlage der Pfaueninsel bei Potsdam unter Leitung seines Bruders Johann Georg Morsch und nach Angaben des Hofgärtners Johann August Eyserbeck betraut. Zuvor scheint Johannes im Neuen Garten bei seinem Bruder beschäftigt gewesen zu sein. 1797 wird er als Hofgärtner auf der Pfaueninsel genannt. Von 1804 bis 1834 war sein Revier der Potsdamer Neue Garten, das er von seinem Bruder nach dessen Tod übernahm. Seit 1807 betreute er zusätzlich den Lustgarten in Potsdam.
Johannes war seit dem 01.04.1806 mit Charlotte Wilhelmine van den Bosch, Tochter des Hofzimmermeisters Cornelius Wilhelm (?) van den Bosch, verheiratet und hatte mit ihr sechs Kinder.