Kalenderblatt September 2014

September 2014

Die Wasserversorgung in Wabern

Sauberes Trinkwasser, so wie wir es heute kennen, war bis vor 100 Jahren in Wabern selten zu finden. Die Bürger in Wabern bezogen ihr Wasser überwiegend aus dem Grundwasser. Hierzu waren Brunnen angelegt oder man bediente sich einer einfachen Schwengelpumpe, mit der das Grundwasser nach oben befördert wurde. Eine mühevolle Arbeit besonders für die Landwirte, die mit dem feuchten Nass täglich ihr Vieh versorgen mussten.

Im Fritzlarer Anzeiger ist unter dem 10. März 1912 folgendes zu lesen: "Seit längerer Zeit hat die Gemeinde die Absicht, eine Wasserleitung zu bauen. Jetzt ist die Angelegenheit insofern in ein anderes Stadium getreten, als die Eisenbahn und die hiesige Besserungsanstalt an die Gemeinde mit dem Ansinnen herangetreten sind, daß diesen Instituten nötige Wasser baldigst zu beschaffen. Man hat nun mit der Gemeinde Cappel Verhandlungen eingeleitet, die so viel Quellwasser hat, daß es für beide Gemeinden hinreichend würde. Die Forderungen der Gemeinde Cappel waren aber zu hoch. Nun hat das Landratsamt einen Vertreter zu den gemeinsamen Verhandlungen entsandt und diesem war es gelungen, eine Einigung zu Stande zu bringen, daß Wabern die Kosten der ganzen Leitung bezahlt, den Cappeler Einwohnern das Wasser bis zum Haus leitet, sodaß diese nur die Hausanschlüsse zu bezahlen haben und dagegen freies Wasser bekommt".

Im Zusammenhang mit dem Umbau des Bahnhofs schreibt die Presse am 15.06.1912: "Mit unserer neuen Wasserleitung kommen wir merkwürdiger Weise gar nicht vom Fleck. Die Gemeinde hat mit der Eisenbahn einen äußerst günstigen Vertrag geschlossen; diese zahlt zu den Baukosten einen einmaligen Betrag von 6.000 Mark und garantiert außerdem für eine große Reihe von Jahren eine Wasserentnahme, die nach dem vereinbarten Einheitssatz eine Jahressumme von ca. 4.000 Mk ausmacht, während der voraussichtlich viel höhere Bedarf etwas geringer bezahlt wird, aber immer aller Voraussicht nach weitere 1.000 Mk bringen wird, sodaß die Bahnverwaltung etwa 5.000 Mk pro Jahr zahlen und die Königliche Erziehungsanstalt hat eine Jahrespauschsumme von 1.000 Mk zugesagt, sodaß ein ständige Einnahme von mindestens 6.000 Mk besteht. Der mit der Gemeinde Cappel wegen der Überlassung der Quellen abgeschlossene Vertrag ist auch ein sehr günstiger. Die ganze Anlage wird sich auf ca. 100.000 Mk stellen, sodaß die feststehenden Einnahmen nahezu die Zins- und Amortisationssummen decken. Man hatte auch allgemein erwartet, daß bis zum 1.10. das Wasser laufen würde, da in dem Vertrag mit der Bahn dieser Tag als Endtermin festgesetzt ist. Ingenieur Leithäuser, Kassel, hat auch das fertige Projekt vorgelegt - nun auf einmal verlangt die Gemeindevertretung noch ein Projekt eines anderen Architekten. Dadurch geht kostbare Zeit verloren, es entsteht die Gefahr, daß die Leitung nicht rechtzeitig fertig zu stellen ist und die Eisenbahn von dem Vertrag zurücktritt."

Am 26.09.1912 erscheint zu dem Thema "Wasserversorgung" ein weiterer Bericht im Fritzlar Anzeiger: "Unser Ort ist jetzt recht schwer zu passieren, weil die Gräben für die Wasserleitung gemacht und so die Straßen aufgerissen werden. Zum Glück herrscht offenes Wetter, sonst wäre es viel schlimmer. Es wird mit Hochdruck gearbeitet, um der Eisenbahn, die sehr drängt, möglichst bald das erforderliche Wasser liefern zu können. Vertragsgemäß sollte die Leitung am 1. Oktober laufen, das ist aber bei dem Umfang der Arbeiten - es müssen über 5 Kilometer Röhren verlegt werden - nicht mehr durchführbar".

Es sei höchste Zeit, dass die Gemeinde Wabern in den schon lange anstehenden Fragen der Wasserversorgung etwas unternehme, hatte der damalige Bürgermeister Karl Emden den Mitgliedern der Gemeindevertretung in einer öffentlichen Sitzung am 18.12.1965 erklärt. Es könne den Bürgern nicht mehr länger zugemutet werden, sich mit Wasser zu versorgen, das den modernen Ansprüchen sowohl in der Hygiene als auch in der Menge nicht genüge. Emden hatte daran erinnert, dass sämtliche Anlagen aus dem Jahre 1912 stammen. Das Wasser sei schlecht und nicht ausreichend, die Leitungen seien zum Teil bis zu 70 Prozent zugesetzt. Weiterhin reiche die Ausschüttung für eine optimale Löschwasserversorgung nicht aus. Aus den Feuerlösch-Hydranten tröpfle es nur noch. Die Löschwasserversorgung müsste durch Tiefbrunnen sichergestellt werden. Durch den Anstieg der Bevölkerung sei der Verbrauch wesentlich gestiegen. Er ging davon aus, dass in einem trockenen Jahr die Quellen nicht genug Wasser ausschütten und es dadurch zu einem Trinkwassernotstand kommen könnte. Diesen Argumenten konnten sich die Gemeindevertreter nicht entziehen und beschlossen daher mehrheitlich dem Wasserverband Gruppenwasserwerk Fritzlar-Homberg, mit Sitz in Homberg (Efze), ab dem 1. Juli 1966 beizutreten.

Der Wasserverband, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, besteht seit dem 04.05.1957. Insgesamt elf Städte und Gemeinden werden über ein 600 km langes Leitungssystem von Verna im Süden bis Niedenstein im Norden mit Trinkwasser versorgt.

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