Kalenderblatt Juli 2013

Juli 2013

Wohn- und Geschäftshaus Pilgram, Bahnhofstraße 32 (Nr. 147)

Das Wohn- und Geschäftshaus in der Bahnhofstraße wurde um das Jahr 1900 von dem Bahnwärter Johann Ludwig Pilgram (*1851 +1898) und dessen Ehefrau Katharina Elisabeth geborene Bachmann (*1854 +1897) errichtet. Ludwig entstammte einer Bauernfamilie aus Altenbrunslar, seine Ehefrau Katharina Elisabeth kam aus Neuenbrunslar. Ludwig hatte noch vier Geschwister. Der älteste Bruder übernahm die Landwirtschaft und drei Brüder wanderten nach Nordamerika aus. Ludwig ging zur Reichsbahn und wurde als Bahnwärter ausgebildet und im Bahnwärterhaus 1 der eingleisigen Strecke zwischen Wabern und Bad Wildungen eingesetzt. Dort wohnte er auch mit seiner Familie. Das Ehepaar hatte die Kinder

Cyriakus *29.06.1879 +01.12.1888
Konrad *24.05.1886 +1967

Konrad erlernte nach dem frühen Tod der Eltern das Schreinerhandwerk im Betrieb Pfeiffer in Maden. Meister Pfeiffer betrieb noch eine Gaststätte, die heute noch besteht. Während der Lehrzeit wohnte Konrad bei seinem Meister in Maden. In dieser Zeit war das Elternhaus in der Bahnhofstraße vermietet. Nach erfolgreicher Beendigung der Lehre und einigen Gesellenjahren kehrte Konrad nach Wabern zurück und heiratete am 05.04.1913 Sophie Amalie Waldschmitt (*02.04.1886 +1924) aus Oberbeisheim. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor:

Johann Peter *1914 +2002
Katharina Wilhelmine *1918

Nach dem frühen Tod von Sophie Amalie verehelichte sich Konrad mit der Schwester seiner Frau, Katharina Wilhelmine Waldschmitt (*09.06.1889 +1959).

Die Schreinerei führte Konrad bis kurz vor seinem Tod. In den 30er Jahren beschäftigte er neben zwei Lehrlingen auch zwei Gesellen. Sohn Peter, der Schreinermeister, heiratete 1947 die aus Vacha stammende Johanna Roskosch (*1921 +1998). Die Ehe blieb kinderlos.

Johanna eröffnete eine Massage- und Fußpflegepraxis im Hause Pilgram. Ihre Arbeit wurde in der Bevölkerung von Wabern und der Umgebung geschätzt. Neben ihrer Praxis unterhielt Johanna im Keller des Wohnhauses für die damalige Zeit moderne Baderäume. Dort wurde für Personen, die zuhause keine Möglichkeit zum Baden hatten, drei Badewannen vorgehalten. Dieses Angebot wurde bis Ende der 50er Jahre von der Bevölkerung angenommen. Im Jahre 1985 musste Johanna aus gesundheitlichen Gründen schließen.

Aus wirtschaftlichen Gründen entschied sich Peter Pilgram seine Schreinerei nur noch im Nebenberuf weiterzuführen. Er nutzte das Angebot, in dem neu errichteten VW-Werk in Baunatal als Arbeiter seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Wilhelmine Pilgram (genannt Mienchen) absolvierte nach Beendigung ihrer Schulzeit eine Schneiderlehre bei Mathilde Möller in Fritzlar. Danach arbeitete sie als selbständige Schneiderin. Sie hatte keine eigene Werkstatt, sondern ging direkt in das Haus ihrer Auftraggeber.

Die Familie Pilgram gehörte der Landeskirchlichen Gemeinschaft an, die ihren Gemeinschaftsraum im heutigen Haus Rojahn, Am Eck 6, hatte. Aufgrund Ihrer Glaubenszugehörigkeit entschieden sich Peter und Wilhelmine anstelle des Dienstes bei der HJ bzw. BDM zum Deutschen Roten Kreuz zu gehen. In der Ortsgruppe Wabern unterrichteten Dr. Günter Rothfuchs und Schneidermeister Christian Bachmann. Auf Anregung dieser Ausbilder und der Bereitschaftsführerin Käthe Scherer ging Wilhelmine zur vierteljährigen Ausbildung in das Krankenhaus "Hospital zum heiligen Geist" nach Fritzlar. Danach (1941) wurde sie vom Generalkommando Kassel nach Bad Homburg und später nach Königsstein beordert, um in ihrem neuen Beruf bei der Pflege von Verwundeten zu arbeiten. Ihr Verlobter war im Krieg gefallen. Sie blieb daher im Elternhaus und half Ihrer Schwägerin in der Praxis.

Ab 1905 betrieb der aus Thüringen stammende Gotthold Schröder in den unteren Räumen ein Friseurgeschäft. Nach seinem Tod (1919) wurde es kurzfristig von seiner Frau und seiner Schwester weitergeführt. Danach übernahm sein Sohn Konrad Schröder und dessen Ehefrau Elisabeth, geborene Pflüger, das Geschäft. Im Jahre 1947 mieteten sie von der Raiffeisen-Warenzentrale das ehemalige Wohnhaus Frenkel. Dort führte Konrad sein Geschäft weiter.

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