Kalenderblatt Oktober 2001

Oktober 2001

Fleischerei Wenghöfer, Wilhelm-Dilich-Straße

Genaue Daten von der Erbauung des Hauses Wilhelm-Dilich-Straße 13 liegen nicht vor. Ziemlich sicher ist, dass die Verzierungsarbeiten am Erker von Zimmermeister Engel aus Wabern hergestellt wurden. Die gleiche Arbeit weist ein Foto vom ehemaligen Haus Engel (Engelstr. 18, jetziger Besitzer Georg Vonhold) auf, welches 1903 erbaut wurde.

Im Jahre 1912 erfolgte der Anbau des Ladens, zunächst mit Balkon. Dabei wurde der Erker abgenommen und so verschwanden das schöne Fachwerk und die künstlerische Holzarbeit. Die Fensterfront ist heute noch erkennbar. Die Ladendecke als Balkon, ohne Bedachung hergestellt, erwies sich als nicht wasserdicht. Auch als man eine 10cm dicke Estrichschicht darüber zog, drang Regenwasser ein. Hieran erinnerte sich der damalige Besitzer Konrad Gebhardt, als er im ersten Weltkrieg bei Regenwetter in Frankreich im Schützengraben lag. Er sprach mit Kameraden darüber und erhielt den Rat: "Bau ein Dach auf den Balkon, oder noch besser: Bau ein Zimmer und ein Dach darauf!" So geschah es dann auch.

Das Foto zeigt am unteren Mittelfenster Frau Marie-Elisabeth Gebhardt, geborene Otto (Ehefrau von Konrad Gebhardt, Hochzeitstermin 13.06.1909 in Wabern). In der Eingangstür steht Georg Gebhardt, geboren am 28.11.1851, Vater von Konrad Gebhardt. Der damalige Lehrling Konrad Hempeler kam aus Borken (die Metzgerei Hempeler besteht heute noch in Borken). Das Erhalten der Fleischwaren war vor der Erfindung der Kühltechnik schwierig. Das Fleisch hing luftig im Schlachthaus oder wie auf dem Foto zu sehen, an der Ladentür. Später wurde ein Raum gebaut, der eine Eiskammer enthielt, die mit Stück- oder Langeis gefüllt war. Etwa 1937/38 wurde eine elektrische Kühlung angeschafft. Zur Metzgerei gehörte auch ein Hund. Er bewachte den Hof und wurde auch vor einen kleinen Wagen gespannt, um damit die Schweine zum Schlachten zu holen oder die Häute zum Bahnhof für den Transport nach Kassel zu bringen.

Der Gründer der Fleischerei war Georg Gebhardt. Er stammte aus Oberkaufungen und war der Sohn von Friedrich Gebhardt, geboren am 30.04.1810, Metzger und Gastwirt in Oberkaufungen, und dessen Ehefrau Elisabeth, geborene Hildebrandt am 03.02.1821, aus Niederkaufungen. Ihre Eheschließung war am 15.06.1845. Georg Gebhardt begann seine fachliche Ausbildung in Hannover und vollendete sie als Fleischermeister. 1875 kaufte er das Anwesen in Wabern, genannt Gaststätte "Zum Weißen Hof" von Heinrich Otto, geboren am 19.07.1823, und dessen Ehefrau Elisabeth, geborene Bächt am 22.06.1823 in Zennern. Georg Gebhardt heiratete am 24.09.1876 Katharina Schmidt aus Wabern, geboren am 27.06.1853. Der Vater seiner Ehefrau, Johannes Schmidt, war Leinweber und Musikus, geboren am 27.09.1819 in Schrecksbach, vermählt am 22.02.1845 mit Elisabeth Otto, geboren am 04.09.1824 in Wabern. Sie bewohnten das ehemalige Haus Edelmann an der Kirche (heute "Schnupperecke").

Der Sohn von Georg und Katharina Gebhardt, Konrad, geboren am 24.03.1884, übernahm als Fleischermeister den väterlichen Betrieb und heiratete 1909 die früh verwaiste Marie Elisabeth Otto, geboren am 24.10.1888. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor: Anna Katharina und Elisabeth. Anna heiratete 1932 Karl Otto (Kastenmeisters Karl), geboren 1903, der als Verlobter das Fleischerhandwerk erlernte und in Kassel die Meisterschule besuchte, die er erfolgreich abschloß. Dem Ehepaar wurden zwei Töchter geschenkt: Brunhilde, geboren 1933, und Magdalena, geboren 1938. Brunhilde heiratete 1955 Horst Wenghöfer, der, nachdem er in Ostpreußen Landwirtschaft und in Kassel Betonbauer erlernt hatte, nun seinen dritten Beruf ergriff und in Frankfurt den Meisterbrief im Fleischerhandwerk erwarb. Das Ehepaar hat zwei Kinder: Renate, geboren 1957, und Frieder, geboren 1962.

Zurück zur Kalenderseite