Auf Einladung des Kirchenvorstandes der Selbständigen Ev.-Luth. Kirchengemeinde (SELK) Berge-Unshausen besuchten am 24. Juni 2023 Mitglieder des Geschichts- und Kulturkreises Wabern die kirchlichen Einrichtungen in Berge und Unshausen.
Nach einer herzlichen Begrüßung vor dem Gemeindehaus in Unshausen fuhren wir zu der im Jahre 1873 errichteten Kirche der Glaubensgemeinschaft. Dort wurden wir von Holger Degen über die Geschichte der Kirche, die nur in sieben Monaten errichtet wurde, informiert. Die Ausführungen des ehemaligen Pfarrers umrahmte Herr Theo Kaiser mit seinem Orgelspiel.
Nach einem Gang durch den Kirchgarten fuhren wir zurück nach Unshausen. Nach der Besichtigung des dortigen Gemeindehauses wurden wir zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Danach referierte Dieter Freier in Wort und Bild über die Geschichte der SELK Berge-Unshausen, was große Aufmerksamkeit fand. Schwerpunkt seiner Ausführungen waren folgende geschichtliche Daten:
1517 Mit seinen Thesen gegen die katholische Kirche will Martin Luther die Kirche erneuern (reformieren). Es entsteht danach die evangelisch-lutherische (durch Martin Luther) und die evangelisch-reformierte Kirche (durch Zwingli und Calvin).
1526 Auf der Synode in Homberg (Efze) sprechen sich geistige und weltliche Stände der Landgrafschaft Hessen für die Einführung der Reformation und das evangelisch-lutherische Bekenntnis aus.
1530 Unterzeichnet Landgraf Philipp I von Hessen neben anderen Fürsten das Augsburgische Bekenntnis der Lutheraner
1555 Der Augsburgische Religionsfriede bestimmt, dass das Oberhaupt der jeweiligen evangelischen Kirche in seinem Land der Landesfürst ist, egal welcher Glaubensrichtung er selbst angehört. Die Kirche in seinem Land ist entweder katholisch oder lutherisch.
1629 Mit einem Edikt zur Wiederherstellung der alten Ordnung will der katholische Kaiser im Dreissigjährigen Krieg (1618 -1648) die beiden evangelischen Bekenntnisse zugunsten eines einheitlichen Glaubens endgültig niederringen. Um dieses Vorhaben zu unterbinden, tritt Schweden in den Krieg ein.
1648 Der Westfälische Friede, der den 30-jährigen Krieg beendet, erkennt alle drei Konfessionen (katholisch, lutherisch, reformiert) als gleichberechtigt an. Entweder ist ein Land in Deutschland katholisch oder hat einen bzw. beide evangelische Zweige. Oberhaupt der Kirche bleibt der politische Landesherr.
1817 Der reformierte König von Preußen König Friedrich Wilhelm III vereinigt zwangsweise die beiden evangelischen Zweige in seinem Land zu einer Union. Viele Lutheraner widersetzten sich. Sie werden verfolgt und aus ihren Kirchen ausgesperrt. Ihre Pfarrer abgesetzt und teilweise verhaftet.
1840 Nach dem Tod des Königs toleriert sein Nachfolger Friedrich-Wilhelm IV die Lutheraner. Ihre Kirchen dürfen aber weder Glocken noch Türme haben.
1866 Preußen annektiert das Kurfürstentum Hessen-Kassel. Der preußische König wird Oberhaupt der kurhessischen Kirche. Der Regent lässt vorerst die Mitglieder der beiden evangelischen Zweige ihrem Glauben nachgehen.
1873 Vereinigt der neue Deutsche Kaiser, Wilhelm I., die evangelischen Konfessionen zu einer unierten Kirche. Zahlreiche Pfarrer widersetzten sich, weil sie für die Religionsfreiheit, das lutherische Bekenntnis und die Trennung von Kirche und Staat eintreten. Für diese Haltung werden sie von Staatskirche als Renitente (widerspenstige) abgesetzt und aus ihren Kirchengemeinden vertrieben. Zu ihnen gehört auch Pfarrer Gottlieb Heinrich Wolfram vom damaligen landeskirchlichen lutherischen Kirchspiel Berge-Unshausen mit Sitz in Berge. Der überwiegende Teil seiner Gemeindemitglieder folgen ihm in die Renitenz.
1879 Errichtung eines Kirchengebäudes in nur 7 Monaten in Berge.
1880 Bau der Wohn- und Kirchengebäudes in Unshausen.
1934 Da der im Jahre 1912 gegründete Posaunenchor der Reichsmusikkammer der Nationalsozialisten nicht beitreten will, löst sich der Chor auf.
1950 Erkennt die BRD die renitenten Gemeinden mit allen Rechten und Pflichten als Körperschaft des öffentlichen Rechts an.
Bevor die Gruppe die Heimreise antrat, bedankte sich der Ehrenvorsitzende Manfred Uchtmann für den informativen und unterhaltsamen Nachmittag.
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