Kalenderblatt November 2006

November 2006

Gedenkstein auf dem neuen Friedhof: Denk Deiner Toten O Volk!

Auf dem Waberner Gemeindefriedhof steht unweit des Haupteingangs linkerhand ein unscheinbarer Gedenkstein, der an Geschehnisse aus der nahen Vergangenheit und doch so fern scheinenden Zeit erinnert. Auf ihm sind die Namen von sechs deutschen Wehrmachtssoldaten verzeichnet, die am 30.03.1945 in Wabern so sinnlos ihr Leben lassen mussten.

Nachdem die Amerikaner am 07.03.1945 bei Remagen den Rhein überschritten hatten, brach die deutsche Westfront endgültig zusammen. Auf dem schnellen Vormarsch der ersten US-Armee in östlicher Richtung stellten sich ihr dennoch immer wieder deutsche Truppenteile in den Weg, ohne den Vormarsch aufhalten zu können. Ostern 1945 erreichten Spitzen der 6. Division (General Patton) der US-Armee aus südlicher Richtung auch unsere Gegend. Die Eder sollte als Verteidigungslinie dienen. Wilhelm Wiegand schreibt zu den Ereignissen im Frühjahr 1945 in seiner Familienchronik (siehe auch Kalenderblatt Mai 2003):

Am 29.03.1945 kam eine Kompanie von 250 Mann hier an. [...] Der Hauptmann verteilte die Soldaten in den Straßen zur Verteidigung. [...] Um 7:30 (des nächsten Tages) sahen wir die ersten Panzer von Großenenglis her kommend auf dem Hungerberg. Unsere Artillerie stand bei Obermöllrich im Obersten Holze. Das Artillerieschiessen begann. Immer mehr Panzer kamen an und fuhren bis zur Uttershäuser Straße. Dann sahen wir auch wie von der Homberger Straße her Panzer hinter Panzer angefahren kamen. Vor dem Dorf machten sie erst mal halt. Dann gings hinein. Artillerie, Gewehre, Maschinengewehre und Handgranaten wurden abgefeuert. In der Zeit von einer Stunde war Wabern besetzt. [...] An der Zuckerfabrik waren drei Flakgeschütze aufgestellt. Sie waren von den Amerikanern schnell erledigt. Zwei tote Flaksoldaten lagen neben den Geschützen. Am ersten Ostertage wurden vier Soldaten die hier im Ort erschossen worden waren auf einen Wagen geladen und auf dem Friedhof in ein Grab beerdigt. Zwei Tage später wurden dann die beiden Flaksoldaten aufgefunden und auch zusammen in einem Grab beerdigt.

Wer waren diese bedauernswerten Menschen, die in einem sinnlosen Kampf geopfert wurden? Der Grabstein nennt die Familiennamen und Dienstgrade der gefallenen Soldaten. Ein Recherche beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. liefert ein paar wenige Daten mehr:

Oberfeldwebel Georg Boenisch, *20.03.1899
Unteroffizier Johann Stefan *Dürenholz 03.01.1922
Gefreiter Hans Petri *Koblenz 11.07.1909
Grenadier Bernhard Kohlstedde *Berlin 20.03.1899
Kanonier Erwin Rennhack *Hauswald 22.09.1909
Soldat Albert Max Roth *Brückla 17.05.1928

Auf Seiten der Amerikaner forderte dieser Tag in Wabern ein weiteres Opfer. Es handelte sich um einen namentlich unbekannten Soldaten, der in der Ziegenhainer Straße erschossen wurde. Möge uns das Schicksal dieser in Wabern umgekommenen Soldaten und aller Opfer der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten und des zweiten Weltkrieges stets zur Mahnung dienen!

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