Kalenderblatt November 2004

November 2004

Das Ehrenmal an der evangelischen Kirche für die Gefangenen des Ersten Weltkriegs

Im April 1923 wurde das Ehrenmal vor der Evangelischen Kirche Wabern in einem feierlichen Festakt eingeweiht. Der Fritzlarer Anzeiger hat dieses Ereignis mit einem langen Zeitungsartikel gewürdigt:

"Die Ehrenschuld der Lebenden an die gefallenen Söhne unseres Ortes hat in dem schmucken Denkmal endlich einen sichtbaren, die Mit- und Nachwelt ernstlich mahnenden, würdigenden Ausdruck gefunden. Das von einem anerkannten Künstler, dem Bildhauer Max Eichler in Cassel, geschaffene Denkmal besteht aus einem einzigen, etwa 100 Zentner schweren Block Osterwalder Sandstein, der auf einem aus zwei Stufen bestehenden Sockel ruhend, auf den 4 Ansichtsflächen in säuberlicher ausgeführter erhabener Schrift die Namen der Gefallenen, sowie sinnreiche Gedenksprüche und die Widmung trägt, während der obere Teil des Blocks durch einen mit großer Sorgfalt ausgearbeiteten Stahlhelm mit Lorbeerkranz einen geschmackvollen Abschluß findet." Auf der Vorderansicht findet sich die Aufschrift: "Ihren im Weltkriege 1914 - 1918 gefallenen Helden", ein langes Schwert umrangt mit einem Zweig und darunter: "Die dankbare Gemeinde Wabern". Der Ort und besonders die betroffenen Familien trauerten um 37 Männer:

1914 Daniel Fennel, Georg Pfeil, 1915 Georg Brück, Friedrich Istler, Georg Koch, Hans Wambach, Konrad Mose, Heinrich Brück, Christian Otto, Konrad Hansmann, Karl Oesterling, Heinrich Grüber, Ludwig Erk, Konrad Strippel, 1916 Georg Vialon, Oskar Gerhold, 1917 Karl Vonhold, Georg Adolph, Konrad Koch, Konrad Schäfer, 1918 Georg Fennel, Georg Mardorf, Adolf Löwenstein, Otto Nelke, Georg Hansmann, Wilhelm Schmidt, Jakob Schäfer, Hermann Hocke, Heinrich Witzel, Jakob Thomas, Ferd. Schneider, Justus Heimel, Gotthold Schröder, vermißt Adam Hansmann, Heinrich Vialon, Heinrich Fennel, Wilhelm Hansmann.

Aufgrund der hohen Anzahl der Gefallenen waren bei der Einweihungsfeier mehrere hundert Besucherinnen und Besuchern anwesend. Im Fritzlarer Anzeiger wurde die Feier eindrücklich beschrieben:

"Den Auftakt der Feier gab der Aufmarsch sämtlicher hiesiger Vereine, welche mit Musik, entfalteten Fahnen, an denen Trauerbänder wehten, einer reichen Fülle herrlichster Kränze und unter Vorantritt einer Gewehrsektion des Kriegervereins die rechte Weihe verliehen. Nach dem gemeinsamen Choral: "Jesus meine Zuversicht" und dem von den Vereinigten Männerchören wirkungsvoll vorgetragenen: "Dir möcht ich diese Lieder weihen", erfolgte die von Bürgermeister Otto mit einer markigen Ansprache vollzogene Uebernahme des Denkmals in den Schutz der Gemeinde. Der dann folgende Männerchor: "Ehrenvoll ist er gefallen" leitete in bester Weise hinüber zu dem Kernstück der Feier, der außerordentlich gehaltvollen Weiherede des Herrn Pfarrer Baum. Inniger, treffender und tröstlicher kann wohl kaum eine Gedenk- und Weiherede gehalten werden." Es folgten weitere Reden der Vereine und Liedvorträge, u.a. "Ich hatte einen Kameraden". Der Bericht des Anzeiger schließt mit den Worten: "Möge dies Denkmal allezeit seinen edlen Zweck erfüllen und die heutige Feier bleibende Früchte tragen!"

Was ist der Zweck des Denkmals? Es ist zuerst ein Ort der Trauer über die Gefallenen und vermissten Väter, Brüder, Freunde und Nachbarn. Durch die Aufschrift der Namen wird jedem Einzelnen eine Würde gegeben. Das Denkmal soll weiterhin den Dank des Ortes an die Gefallenen ausdrücken, dass sie auch für Wabern als Helden gekämpft haben. Dieser Sinn des Denkmals als Heldenehrenmal ist aus heutiger Sicht durchaus kritisch zu sehen, weil der 1. Weltkrieg von allen Ländern Europas als reiner Machtkrieg geführt und damit die Opferbereitschaft der Männer missbraucht wurde. Problematisch ist auch die religiöse Überhöhung des Todes der Soldaten, wie sie sich auf der Rückseite des Denkmals ausdrückt. Unter dem Eisernen Kreuz steht: "Bis in den Tod getreu durchs Kreuz zur Krone. Off Joh 2, 10". Die Ziele der Machthaber (aller Kriegsparteien) wurden fälschlicher Weise mit Gottes Willen gleichgesetzt. Allerdings gilt: Nicht der Opfergedanke an sich ist heute obsolet, er hat für heutige Soldaten, Polizisten, Feuerwehrleute, Väter und Mütter immer noch eine hohe Bedeutung, sondern sein Missbrauch für ungerechtfertige Ziele. Trotz aller kritischen Aussagen ist das "Ehrenmal" es wert, erhalten zu werden. Die Namen und die Zahl der Menschen aus Wabern sollten nicht vergessen werden, die einem sinnlosen Krieg zum Opfer fielen. Das "Ehrenmal" wird aus heutiger Sicht zu einem Mahnmal gegen den Missbrauch von Macht.

Zurück zur Kalenderseite