Kalenderblatt November 2001

November 2001

Blick auf die Ziegenhainer Straße

Von alters her bildete die Ziegenhainer Straße die Verbindung von Wabern in Richtung Homberg und der Schwalm-Region. Außerhalb des Ortskerns gelegen war sie trotzdem schon früh bebaut. Auf einer Karte aus dem Jahr 1737 ist sie bereits auf der dem Ort zugewandten Seite bis zu dem zu dieser Zeit noch nicht existierenden Forsthaus (das alte Bürgermeisteramt, jetzt Jugendzentrum) bebaut. Im Jahr 1826 zeigt auch die andere Straßenseite eine durchgehende Häuserreihe. In der Bevölkerung war dieser Bereich als die Holzecke bekannt.

Im Zentrum des Fotos ist das landwirtschaftliche Anwesen Vonhold zu sehen. Das Wohnhaus und die rückwärtig parallel zur Straße liegende Scheune mit Stallungen wurden in den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts von Heinrich Otto und dessen Ehefrau Anna Martha, geborene Heimel, erbaut. Über dem Eingangsbereich des Wohnhauses befindet sich ein Balken mit Inschrift, der durch den vor etwa dreißig Jahren massiv errichteten Vorbau verdeckt wurde. Auf ihm soll als Baujahr 1868 angegeben sein. Ein weiterer Balken mit Inschrift in der Scheune nennt als Jahreszahl der Errichtung 1861 und den Zimmermeister Engel aus Wabern als Baumeister. Da sich der Balken jedoch an einer ungewöhnlichen Stelle innerhalb der Scheune befindet, stammt er möglicherweise aus einem Vorgängerbau.

Heinrich und Anna Martha Otto gaben vor 1880 die Landwirtschaft auf und zogen von Wabern fort. Sie verkauften den Hof und einige kleine Ländereien an den Großhändler Salomon Nagel aus Gudensberg, von dem Conrad Vonhold im Jahr 1880 den Hof für 12000 Mark erwarb. Über Conrads Nachkommen Hermann, Georg und dessen Sohn Heinrich ging der Hof auf den heutigen Besitzer Holger Vonhold über.

Besitzerfolge:
1. Heinrich Otto 1821-?, oo 1851, Anna Martha Heimel 1828-?
2. Conrad Vonhold 1808-1898, oo I. 1839, Katharina Elisabeth Hansmann 1795-1854, oo II. 1855, Anna Catharina Hose 1834-1916
3. Hermann Vonhold 1858-1946, oo 1890, Martha Mardorf 1866-1949
4. Georg Vonhold 1892-1939, oo 1935, Johanna Westermann 1909-1987
5. Heinrich Vonhold *1936, oo 1958, Brunhilde Pippert *1938
6. Holger Vonhold *1965

Auf einer Katasterkarte von 1826 ist auf dem Hof ein Punkt eingezeichnet, bei dem es sich um einen Brunnen handeln muss. Bei der Errichtung eines Anbaus an der von der Straße abgewandten Schmalseite wurden vor einigen Jahren unter dem alten Pflaster auf dem Hof die Reste des Brunnens entdeckt. Die ohne Mörtel aus Bruchbasalt errichteten Brunnenwände waren nur bis auf wenig mehr als einen Meter unter dem heutigen Bodenniveau vorhanden, was auf einen sehr hohen Grundwasserspiegel zur Zeit des Brunnenbaus schließen lässt. Leider reicht eine Hausecke des Anbaus bis an den Brunnen, so dass die Reste teilweise in ihrer Substanz beschädigt wurden.

Ostern 1945 schien das Ende der historischen Bebauung der Ziegenhainer Straße gekommen zu sein. Beim Einmarsch der Amerikaner in Wabern, die sich von Süden her über die Tannenhöhe und die Uttershäuser Straße näherten, wurde ein amerikanischer Soldat von deutschen Soldaten, die auf dem Hof Vonhold in Stellung gegangen waren, erschossen und ein weiterer schwer verwundet. Die Amerikaner drohten daraufhin, die Straße mit Artillerie zu zerstören, sollte sich weiterhin Widerstand zeigen. Der damalige polnische Zwangsarbeiter und späterer Waberner Mitbürger Edward Torba sowie ein Franzose, der etwas Englisch sprach, traten daraufhin als Unterhändler auf und brachten die Amerikaner glücklicherweise von ihrem Vorhaben ab. Am Beispiel Werkels, das zu dieser Zeit zu 70 Prozent zerstört wurde, kann sich jeder die Folgen einer Bombardierung ausmalen.

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