Kalenderblatt Juli 2001

Juli 2001

Jagdschloss "Karlshof" Wabern

Der Karlshof ist das Wahrzeichen der Gemeinde Wabern und nach seinem Bauherrn, Landgraf Karl von Hessen (1654 - 1730), benannt. Der absolutistische Herrscher und seine Gemahlin Maria Amalie von Kurland ließen das barocke Bauwerk als Lust- und Jagdschloss auf dem landgräflichen Gut erbauen. Beide hielten sich oft in der Nähe von Wabern auf, um Trappen und Reiher zu jagen.

Der Schlossbau begann 1701 und dürfte 1712 vollendet gewesen sein, als sein Baumeister Gieseler starb. Der Architekt des Bauwerkes ist unbekannt. Das Gebäude ist so in ein schön gestaltetes Areal gebaut worden, dass die Hauptansicht mit Festsaal und Balkon in Richtung Schlosspark (Osten), also der dem kurmainzischen Fritzlar abgewandten Seite, zeigt. Diese Parkseite ist mit zwei in Stein gehauenen Medaillons mit den Brustbildern des Herrscherpaares Karl und Maria Amalie geschmückt.

Besonderer Erwähnung bedarf die 1703 von einem Bamberger Meister geschaffene künstlerisch wertvolle Stuckdecke des Festsaales. 1704 wurde das Gelände durch Ankäufe erweitert, der Garten im französischen Stil umgestaltet und eine Orangerie gebaut. Der berühmte Baumeister Simon Louis du Ry fügte dem Schloss um 1770 Pavillonbauten hinzu, die mit dem Gebäude durch Galerien verbunden sind.

Karls Sohn, Landgraf Friedrich 1., war zugleich König von Schweden und weilte beim Besuch seines Stammlandes nur einmal in Wabern. Sein Bruder Wilhelm VIII. (ab 1751 regierender Landgraf) dagegen kam regelmäßig zur Jagd nach Wabern. In das Jahr 1753 fällt der Aufenthalt des berühmten französischen Philosophen Voltaire in Wabern, der bei König Friedrich d. Gr. in Ungnade gefallen und auf der Rückreise nach Frankreich war. Im 7jährigen Krieg (1756 - 1763) diente das Schloss Freund und Feind als Hauptquartier.

Die Glanzzeit des Schlosses begann 1760 mit dem Regierungsantritt des prunkliebenden Landgrafen Friedrich II., der das Leben des französischen Königshofes nachahmte. In den Jahren 1763 bis zu seinem Tode (1785) zog der absolutistische Herrscher jeweils in den Monaten Juni und Juli mit dem gesamten Hof zur Reiherbeize nach Wabern um. Der Hofstaat mit vielen Offizieren, Jagdbeamten, dem französischen Theater, dem Ballett und der Hofkapelle fanden in den mehr als 50 Räumen des Schlosses und der Nebengebäude Unterkunft. Einige Regimenter Infanterie und Kavallerie waren in Wabern und Umgebung einquartiert. Die Reiherbeize, eine unblutige Jagd auf diese Vögel mit abgerichteten Falken, Schauspiele, Konzerte, großartige ländliche Feste und Hoftafeln brachten ein glänzendes und abwechslungsreiches Leben ins Schloss. Ein eindrucksvolles Bild hierüber vermitteln die für den Waberner Festsaal vom berühmten Hofmaler Johann Heinrich Tischbein d. Ä. 1764 geschaffenen sechs monumentalen Jagdgemälde (heute Schloss Fasanerie Adolfseck b. Fulda). Nach dem Tode des Landgrafen erlosch das höfische Leben gänzlich. Die Nachfolger beachteten das Schloss kaum. 1816 wurde Marschall Blücher in Wabern begrüßt. 1819/1820 war das Schloss kurze Zeit Aufenthaltsort für die gemütskranke Tochter des Kurfürsten Wilhelm I., Herzogin Maria Frederike. Ein letzter höfischer Glanz deutete sich an, als Kurfürst Wilhelm II. zwischen 1828 und 1831 die Waberner Gebäude für Sommeraufenthalte renovieren ließ und neu ausstattete. Schon 1832 endete diese Zeit, da der Fürst wegen einer Liaison zurücktrat.

1866 wurde Kurhessen als Folge des verlorenen Krieges auf der Seite Österreichs gegen Preußen annektiert und das Schloss fiel in das Eigentum des Preußischen Staates. Das Inventar wurde "verauktioniert" oder diente teilweise der Ausstattung des Schlosses Philippsruhe bei Hanau.

1886 wurde im KarIshof eine königlich preußische Erziehungs? und Besserungsanstalt für "jugendliche Übelthäter" eröffnet. Heute beherbergt das Gebäude den Kernbereich des Sozialpädagogischen Zentrums Jugendheim Karlshof Kinder- und Jugendheim Homberg, Eigenbetrieb des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Bis auf den Festsaal wurde der Karlshof vollständig für die neue Zweckbestirnmung umgebaut.

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