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Frau in Spitzbetzeltracht
Skulptur von Alexandra Köpke

Der Kulturkreis ließ diese Spitzbetzel-Skulptur von der Holzschnitzerin Alexandra Köpke, einer Schülerin der Berufsfachschule für Holzschnitzerei und Schreinerei des Landkreises Berchtesgadener Land, während eines Holzschnitzersymposiums im April 2015 in Wabern anfertigen.

Die Niederhessische Spitzbetzeltracht

Katharina, Maria und Maria Pfannkuch

Das Gebiet, in dem die niederhessische Spitzbetzeltracht getragen wurde, umfasste den größten Teil des Schwalm-Eder-Kreises und Teile des südlichen Landkreises Kassel. Die Tracht war die Kleidung der weiblichen Dorfbewohner mit einigen Ausnahmen, wie den Jüdischen Bewohnern. Am auffälligsten und namensgebend war die spitze Haube, die sogenannte Spitzbetzel der Frauen. An der schwarzen Haube befand sich hinten ein breites Band, das zur Schleife gelegt war und deren Enden den Rücken lang herunter hingen. Oberhalb dieser Schleife war ein Feld, der sogenannte Betzelboden, der in Uttershausen mit Blumenmustern bestickt war. Vorne hielt eine unter dem Kinn geschlossene Schleife die Betzel auf dem Kopf fest. Das Oberteil bestand aus einer eng anliegenden Jacke mit langen Ärmeln und einem Schößchen oder aus einer Weste mit einem Leinenhemd darunter. Der knöchellange, in Falten gelegte und weite Rock besaß häufig zwei bis drei Samtbänder oberhalb des Rocksaums. Unbedingt zur Tracht gehörte ein großes Schultertuch, das vom Rücken kommend über der Brust gekreuzt und auf dem Rücken in Höhe der Taille gebunden wurde. Selbst zur guten Kleidung wurde immer eine Schürze getragen. Werktags- und Sonntagskleidung unterschieden sich in der Reichhaltigkeit der Verzierungen und in der Qualität der verwendeten Materialien. Die Farbigkeit nahm mit zunehmendem Alter ab. Zu Konfirmation, Abendmahl, Hochzeit und Trauer gehörte für die Frauen eine besondere Tracht. Die Spitzbetzeltracht entstand etwa um 1840 und war, beeinflusst von der Zeitmode, einer langsamen, aber ständigen Veränderung unterworfen. Im Laufe der ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts starb die Tracht in Uttershausen aus.

Maria Hessler

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Abbildungen, links: Das Foto aus 1916 zeigt Maria Pfannkuch, Schwester von Justus Pfannkuch, beider Mutter Katharina Pfannkuch, geborene Hesse und die Großmutter Maria Pfannkuch geborene Jäger. Letztere trägt die Spitzbetzeltracht mit einem gestrickten oder gehäkelten Schultertuch. Das Foto wurde zum Vater Justus an die Front geschickt. Rechts: das Foto entstand vermutlich Anfang des 20. Jahrhunderts. Es zeigt Maria Hessler, geborene Richter (Urgroßmutter von Karl Weißing). Sie trägt Ohrringe und an ihrer Spitzbetzel helle, einfarbige Kinnbänder in Damast-Weberei, was sie als wohlhabende Frau ausweist. Ausnahmsweise hat sie kein Schultertuch.

Text: Ingrid Rittger